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Corona & Psyche: Expertentipps für die Feiertage

Das neue Jahr im Zeichen der Corona-Krise: Unsere Experten aus der Psychosomatik geben praktische Tipps im Umgang mit der Pandemie - für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Wir haben Sigrid Aberl, Chefärztin Kinder- und Jugendpsychosomatik, und Dr. Kathrin Jakobi, leitende Oberärztin Psychosomatik, gefragt, wie sich die Pandemie psychisch auf uns auswirkt und wie wir das kommende Jahr positiv und motiviert gestalten können.

Viele Fragen - wertvolle Antworten:

Unsere Experten im Interview

Kinder und Jungendliche in der Pandemie - Sigrid Aberl gibt wertvolle Ratschläge.
„Wer einen positiven Blick auf das Ganze richtet und kreative Wege sucht, seinen Interessen nachzugehen, ist nicht damit beschäftigt, sich über Einschränkungen zu ärgern.“
Sigrid Aberl

Pandemie & Psyche: Unsere Experten geben Antworten und machen Mut

WirkungFrage 1

Wie wirkt sich die Pandemie psychosomatisch auf Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus?

Aberl: Kontakteinschränkungen, Stress und Ängste - natürlich zeigt die Pandemie auch Folgen für Kinder und Jugendliche, insbesondere mit psychosomatischen Störungen. Hier verzeichnen wir seit Beginn der Pandemie eine Zunahme an Patientenanfragen.

Jakobi: In der ersten Welle, als die Situation noch neu war, gab es deutlich mehr Anfragen, ja. Unabhängig von einer existierenden psychischen Erkrankung merkt man aber in der Allgemeinbevölkerung eine gestiegene Reizbarkeit sowie Dünnhäutigkeit und Genervtheit.

FeiertageFrage 2

Wie werden Festtage wie Silvester oder Geburtstag trotz Einschränkungen schön?

Aberl: Ich rate dazu, bekannte Rituale zu praktizieren, auch alleine, und sich an Zeiten zu erinnern, die besonders schön waren. Kommunikation zu suchen, ist zudem immer gut. Bei depressiven Gedanken helfen die sog. kognitive Umstrukturierung, d.h. nicht nur auf das negative Gefühl, sondern das große Ganze zu schauen, sowie auch körperliche Aktivierung.

 

„In jeder Krise steckt auch eine Chance. Das merken wir gerade jetzt um die Feiertage, wenn Feiern und Riten und damit auch das Oberflächliche und Kommerzielle entfallen und wir uns zurück auf das Wesentliche in unserem Leben und die Menschen in unserem direkten Umfeld besinnen.“
Dr. med. Kathrin Jakobi
EinsamkeitFrage 3

Coronazeit in der Klinik: Wie geht man am besten mit Einsamkeit um?

Jakobi: Sind Angehörige oder man selbst im Krankenhaus, kann der Gedanke tröstlich sein: Man würde sich sehen, wenn man nur könnte. Zudem kann es helfen, Bilder seiner Liebsten aufzustellen, um die Verbundenheit zu spüren; und natürlich zu telefonieren o.ä. Wer die Situation annimmt, kann positiver auf die Zukunft blicken - und so die aktuelle Situation meistern.

Aberl: Kinder sind heutzutage oft über andere Kommunikationsformen mit ihren Freunden vernetzt. In der Klinik telefonieren sie viel mit ihren Eltern oder nehmen das Gespräch mit den Pflegenden an. Wichtig ist, jungen Menschen den Zugang zu sozialen Medien, Telefon und Internet zu ermöglichen und ihnen Angebote für Kontakte, z.B. an der frischen Luft, zu machen.

RegelnFrage 4

Nicht jeder hält sich an die Einschränkungen. Wie können wir z.B. mit einer Einladung während des Lockdown umgehen?

Aberl: Ich empfehle, ehrlich zu sein, seine eigenen Sorgen und Ängste zu verbalisieren - und möglichst einen Gegenvorschlag zu bringen; z.B. ein Spaziergang an der frischen Luft. Grundsätzlich gilt: Es muss sich niemand dafür schämen, zu sagen: Nein, ich möchte im Moment nicht.

 

 

„Die meisten wissen, dass es Sinn macht, was wir gerade tun, und die Maßnahmen wie z.B. die AHA-Regeln eine gute Sache sind.“
Dr. med. Kathrin Jakobi
StressFrage 5

Die Pandemie macht dünnhäutig. Wie gehen wir mit starken Emotionen um?

Aberl: Stress ist eine physiologisch-körperliche Reaktion; es werden Hormone und Botenstoffe ausgeschüttet, die zu einem erhöhten Herzschlag und Anspannung führen. Bei leichtem Stress kann man da kognitiv gegensteuern und sich selbst beruhigen:Komm mal runter! Steigt der Stress, helfen sog. Skills; d.h. Methoden, um sich schnell und unmittelbar auf andere Gedanken zu bringen.

Tipps gegen Stress:

  1. Ablenkung: von 100 in Dreischritten runterzählen, dann ist die Situation oft vorbei
  2. Konzentration: einen Punkt fokussieren
  3. Sport: gute Fitness wirkt starken physiologischen Reaktionen entgegen
AlltagFrage 6

Corona ist überall. Wie können wir dem Thema weniger Raum geben im Leben?

Jakobi: Es hilft, wenn man die Dinge, die man nicht ändern kann, annimmt, wie sie momentan sind. Es gibt Regeln, an die muss man sich gerade halten. Es hilft in solchen Situationen, nicht so viel Kraft für das „Dagegen sein“ aufzubringen. Man kann im Übrigen auch eine Entscheidung mittragen, auch wenn sie nicht zu hundert Prozent die eigene Meinung widerspiegelt.

„Wenn Menschen nicht genau wissen, wie sie sich verhalten sollen, passen sie ihr Verhalten der Umwelt an - das gibt die Richtung vor. Deshalb sollten man den vielen, die sich an die Regeln halten mehr Raum geben als jenen wenigen, die es nicht tun.“
Dr. med. Kathrin Jakobi
MotivationFrage 7

Sind wir nicht alle Corona-müde. Wie können wir uns motivieren?

Jakobi: Es ist sicher nicht ganz leicht, sich weiter zu motivieren, da die Situation schon so lange andauert. Aber unter einer großen Mehrheit der Menschen ist eine riesige, so zuvor nicht dagewesene Solidarität zu spüren. Das macht Mut!

Aberl: Wenn zu viele schlechte Nachrichten in sehr schneller Frequenz kommen, reagieren wir mit einer Abstumpfung oder Gewöhnung. Das ist auch ein Schutzmechanismus, der uns bewusst sein sollte, um unsere Sinne wieder zu schärfen.

 

Sigrid Aberl

Unsere Chefärztin in der Klinik für Kinder- & Jugendpsychosomatik an der München Klinik Schwabing ist sich sicher: Mit unserer Kreativität und dem Blick fürs Ganze kommen Jung und Alt besser durch die Pandemie.

Dr. med. Kathrin Jakobi

Unsere leitende Oberärztin in der Klinik für Psychosomatik an der München Klinik Harlaching sieht die Krise als Chance: Die jetzt zu spürende Solidarität vieler Menschen sollte mehr im Fokus stehen als die negative Stimmung weniger.

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