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Kinderpsychosomatik am Kindercampus Schwabing

Anpassungsstörungen bei chronischen körperlichen Erkrankungen

Kinder und Jugendliche, die unter chronischen körperlichen Erkrankungen wie Diabetes, Neurodermitis oder Asthma leiden oder eine Krebserkrankung durchgemacht haben, müssen nicht nur mit der Erkrankung als solche, sondern auch mit den Reaktionen der Umwelt fertig werden. Sie können bei manchen Aktivitäten der Klassenkameraden nicht dabei sein, müssen Regeln beachten, die andere nicht verstehen, und fühlen sich oft ausgegrenzt oder besitzen nur wenig Selbstwertgefühl.

Den Jugendlichen erschwert die Erkrankung, sich von den Eltern abzugrenzen

Jugendliche leiden nicht nur unter der Erfahrung, anders zu sein als die Gleichaltrigen, sondern auch darunter, dass sie sich nur schwer von ihren Eltern abgrenzen können.

Die Eltern greifen oft – aus Sorge um die notwendigen Therapie-Maßnahmen – in die alltäglichen Abläufe ein und versuchen die Kontrolle zu behalten. Oftmals verstricken sich diese Familien in endlose Streitereien; Machtkämpfe vermiesen die Stimmung und führen dazu, dass die körperliche Erkrankung keine adäquate Behandlung mehr erfährt.

Nach onkologischer Therapie: Elementare Fragen suchen nach Antworten

Kinder und Jugendliche, die eine Therapie gegen ihre Krebserkrankung durchgemacht haben, fallen oft erst hinterher in ein Loch. Während anfangs die Fragen vor allem ums Überleben kreisten, geht es jetzt darum, das Erlebte nachträglich zu verarbeiten.

Aber auch ganz elementare Fragen wie: „Was ist mit mir passiert?“ oder „Was wird jetzt aus meinem Leben, was ist meine Zukunft?“ tauchen auf und verlangen nach Antworten.

Psychische Belastungen stehen im Vordergrund unserer Therapie

Bei Jugendlichen, die wir in unserer Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik im Rahmen eines stationären Aufenthalts behandeln, kümmern wir uns um die körperlichen Symptome und deren entsprechende Therapie – oftmals in enger Kooperation mit den Experten für die spezifische chronische Erkrankung in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin.

Im Vordergrund unserer Behandlung stehen aber die psychischen Belastungen, die durch die körperliche Erkrankung bedingt sind. Wir unterstützen unsere heranwachsenden Patienten dabei, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass sie eine chronische Erkrankung haben. Sie lernen, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu verstehen und auszudrücken, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihre Grenzen zu benennen.

Jugendliche lernen in der Therapie, ihre Erkrankung als Teil von sich zu akzeptieren.

Vollstationäres Therapie-Programm für Jugendliche.

Da die pubertierenden Jugendlichen sich in einem Ablöseprozess von der Familie befinden, nehmen wir diese Altersgruppe während der Therapie-Wochen in der Regel vollstationär auf.

Vollstationär heißt, für die Zeit des Klinikaufenthaltes leben sie auf Station, haben aber Besuchszeiten und wachsende Ausgangszeiten, in welchen sie möglichst viel von ihrem eigentlichen sozialen Umfeld mitbekommen sollen.

Auch die Wochenenden verbringen sie in der Regel zu Hause und erproben damit auch ihre Belastbarkeit oder übertragen Themen aus der Familienarbeit in den Alltag.

Unsere Patienten sind im häuslichen Umfeld oft verstrickt in heftige Streitigkeiten mit der Familie, oder leiden auch bei den Gleichaltrigen unter Konflikten oder Formen des Mobbings.

Wir ermöglichen den Jugendlichen in der vollstationären Behandlung, sich wirklich ganz um sich selbst zu kümmern und mit Abstand von diesen spannungsreichen Umgebungen nochmal neu anzufangen.

Sie lernen ihre Gefühle zu verstehen, erarbeiten gemeinsam mit anderen Betroffenen Lösungsstrategien und übernehmen nach und nach Selbstverantwortung für die Therapie ihrer chronischen Erkrankung.

Wir integrieren die Familien stets in die Behandlung

Die Familien sind immer eine wichtige Säule unseres Therapie-Programms. Alle zwei Wochen finden Elterngespräche statt, in denen wir die Eltern über den Therapie-Fortschritt informieren oder anstehende Diskussionspunkte der Familienarbeit thematisieren.

In einer ebenfalls alle zwei Wochen stattfindenden angeleiteten Elterngruppe tauschen sich die Eltern untereinander aus und können die Probleme thematisieren, die sie selbst aufgrund der chronischen Erkrankung ihres Kindes belasten.

Uns erscheint es sehr wichtig, dass nicht nur die leiblichen Eltern, sondern auch die Bezugspersonen, mit denen das Kind im Alltag lebt, in diese Gespräche eingebunden werden. 

Einzelpsychotherapien als wichtiges Standbein der vertrauensvollen Arbeit

Jedes Kind erhält einen festen Therapeuten, der mit ihm mindestens zwei Einzelgespräche pro Woche führt und die weiteren Therapie-Bausteine koordiniert.

  • Unter welchen Reaktionen deines Umfeldes leidest du?
  • Welche Möglichkeiten hast du, darauf zu reagieren?
  • Welche Vorkommnisse verschlimmern deine körperlichen Symptome?

Viele ganz unterschiedliche Themen kommen in diesen Gesprächen zur Sprache – unser Anliegen geht aber immer in die gleiche Richtung: Wir bestärken die Jugendlichen, sich im Alltag und in ihrem sozialen Umfeld wieder sicher zu fühlen und sich aktiv auseinanderzusetzen mit den Veränderungen in sich selbst, oder bei Familie, Freunden und Schule.

Gesprächsgruppe: Gemeinsam Wege erarbeiten

  • Wie schafft ihr das, wenn die Klassenkameraden sich darüber lustig machen, weil man krankheitsbedingt manches nicht mitmachen darf?
  • Wie geht man damit um, wenn Stress und Ärger die Stimmung daheim beherrschen?
  • Soll ich den Freunden  mehr von meiner Erkrankung erzählen oder gerate ich dann noch mehr ins Kreuzfeuer?

Solche und viele andere Fragen dürfen in der so genannten Gesprächsgruppe in den Raum geworfen werden. Konstruktiv von einem Therapeuten unterstützt und moderiert, finden die Jugendlichen im verständnisvollen Austausch gemeinsam Wege aus ihren immer wiederkehrenden Problemen.

Untereinander entwickeln sie Lösungsansätze, die im Alltag tatsächlich weiterhelfen, da sie oft die Probleme der anderen aus eigener Erfahrung kennen.

Achtsamkeitsgruppe: Die Wahrnehmung in den Mittelpunkt rücken

Aufmerksam den Moment wahrnehmen und Wahrnehmung in den Mittelpunkt rücken. In dieser Gruppe lernen die Jugendlichen über ihre fünf Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen) innere und äußere Erfahrungen wahrzunehmen.

Ohne das Wahrgenommene gleich zu bewerten, wenden wir uns konzentriert unseren Gefühlen, unserem Körper, unserer Umwelt und zwischenmenschlichen Beziehungen zu. Das alles passiert im „Hier und Jetzt“. Das bedeutet, die Geschwindigkeit zu reduzieren und Fertigkeiten zu erlangen, die es dem Jugendlichen ermöglichen mit Konflikten, eigenen Impulsen, Stress und unangenehmen Emotionen besser umzugehen, Langfristig fördert dies das Selbstbewusstsein, die Genussfähigkeit und die Akzeptanz der eigenen Identität.

Soziale Kompetenzen erweitern. Nein-Sagen. Wünsche äußern. Konflikte lösen

In der Gruppe „Soziales Kompetenztraining“ vermitteln eine sozialpädagogische Fachkraft und ein Bezugsbetreuer Techniken, wie die Kinder und Jugendlichen ihre Bedürfnisse und Grenzen besser erkennen und angemessen formulieren können, so dass das Gegenüber darauf dann auch tatsächlich eingehen kann.

Mal „Nein“ zu sagen, wenn zu viel verlangt wird, Wünsche so äußern, dass sie gehört werden, und für Konflikte gewappnet zu sein, das sind wesentliche Fertigkeiten, die die Teilnehmer aus dieser Gruppe mitnehmen. 

Was uns auszeichnet: Kreativtherapien, die einen großen Stellenwert einnehmen

Nicht nur der Gesprächstherapeut begleitet die Jugendlichen während der gesamten Therapie-Zeit: Zusätzlich stellen wir ihnen einen persönlichen Kreativ-Therapeuten an die Seite, der im Rahmen von Kunst, Musik und Bewegung therapeutisch arbeitet.  

Jugendliche wollen nicht immer reden, sie erfahren auch durch kreative Aktivitäten, was ihnen an Unterstützung gut tut. Und sie merken auch, dass sie während dieser Aktivitäten Spaß haben können und die Erkrankung ihr Denken und Fühlen gar nicht mehr so sehr beherrscht.

„Wir stellen unseren jungen Patienten einen persönlichen Kreativ-Therapeuten an die Seite. Durch die kreativen Aktivitäten erfahren sie, was ihnen an Unterstützung gut tut und sie haben Spaß daran und merken, dass die Erkrankung ihr Denken und Fühlen nicht mehr beherrscht.“
Sigrid Aberl, Chefärztin

Vielfältige Ausdrucksformen des psychischen Erlebens

Bei der künstlerischen Gestaltung, bei pädagogischen und sportlichen Aktivitäten, die sowohl als Einzeltherapien als auch in Gruppen stattfinden, erfahren die Jugendlichen viele Möglichkeiten, ihr psychisches Erleben auszudrücken, ohne viel zu verbalisieren. Sie lernen in sich hinein zu spüren und finden dadurch oft einen Zugang zu ihren eigenen Gefühlen.

Teilweise münden die Aktivitäten auch in großen Projekten, wie etwa einem Filmdreh mit der Gruppe oder einer Musik-CD-Aufnahme. Mit gezielter therapeutischer Unterstützung stärken die Heranwachsenden so ihr Selbstwertgefühl und gewinnen Vertrauen in andere.

Unser Kletterprojekt. Zutrauen gewinnen. Ängste überwinden

Klettern ist ein besonderer Sport, weil wechselweise zwei konträre Rollen auszuführen sind. Erst konzentrieren sich die Heranwachsenden ganz auf sich selbst, setzen sich mit ihren körperlichen Fertigkeiten und Grenzen auseinander, formulieren ihre Ängste und erfahren zugewandte Unterstützung, die ihnen oftmals hilft, sich mehr zuzutrauen.

In der zweiten Rolle müssen sie zuverlässig sichern und ganz konzentriert für jemand anderen da sein. Durch diesen Rollenwechsel lernen sie ihre Grenzen besser kennen und mit Ängsten und Aggressionen klarzukommen.

Wir stellen eine Verbindung zwischen der Therapie und dem Alltag her

Unsere Bezugsbetreuer unterstützen die Kinder bei alltäglichen Aufgaben, helfen ihnen sich auf der Station zurechtzufinden und eine eigene Tagesstruktur, auch für ihr Leben daheim, zu entwickeln.

Sie helfen Ihnen, Interessen und Hobbies (wieder) zu entdecken, und unternehmen des öfteren einen gemeinsamen Ausflug, sei es zum Bowlen oder ins Kino oder einfach mal in die Stadt.

Spezielle Besuchstage, an denen die Jugendlichen ihre Freunde treffen oder einladen können, schaffen ebenfalls eine Verbindung zum Alltag. Durch die vielfältigen Aktivitäten und Therapie-Angebote können die Jugendlichen herausfinden, was ihnen Freude bereitet und gleich Brücken zu ihrem Alltagsleben herstellen.

Sozialpädagogische Unterstützung der Jugendhilfe binden wir ein

Grundsätzlich wird im allgemeinen therapeutischen Alltag zudem die sozialpädagogische Unterstützung, die andere soziale Einrichtungen und öffentliche Institutionen anbieten, eingebunden.

Wir legen sehr viel Wert auf die gute Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe und können dadurch die Patienten und ihre Familien nach individuellem Bedarf begleiten und beraten.