Warum fühlen sich Gesundheits- und Krankenpfleger*innen, ärztliches und therapeutisches Personal im Arbeitsalltag manchmal durch die Kommunikation gestresst und belastet?
Weil sie durch die Belastung und Personalknappheit durch die Pandemie sowieso schon recht dünnhäutig sind, fühlen sie sich geringgeschätzt. Die Anerkennung bleibt aus und es entstehen Konflikte, die sie stressen.
Die Internationalität des Teams bringt oft Sprachprobleme mit sich. Selbstverständlichkeiten müssen explizit erklärt werden, was sehr anstrengend ist und nervt.
Bei hoher Arbeitsbelastung verwende ich verständlicherweise nicht so viel Energie darauf, zu kommunizieren, weil ich den Fokus auf meinen eigenen Arbeitsprozess und meine eigenen Patienten habe. Dadurch entstehen Missverständnisse, die auszubügeln, wieder mehr Aufwand bedeutet. Dies wiederum verursacht Stress.
Wodurch entstehen Konflikte?
Es gibt immer zwei Standpunkte zu einer Sache: A und B. Wenn ich diese ignoriere, wird der Konflikt immer größer. Wenn ich offen darüber spreche, verbessert sich für beide Gesprächspartner die Situation. Somit haben wir eine Entwicklung auf der persönlichen und fachlichen Ebene.
Wie könnte die Situation entspannt werden?
Indem man diese schwierige Situation als Chance ergreift, die Kommunikation für sich selbst und im Team zu verbessern. Denn bewusste Kommunikation, in dem ich mir vorher überlege, wie ich was sage, kann sehr „entstressen“, Konflikte vorbeugen und sogar meine Arbeitszufriedenheit steigern. Auch einen Konflikt kann man so lösen, dass alle Beteiligten zufrieden sind.
Welche Rolle spielt die Kommunikation in multinationalen Teams?
Die sprachliche Verständigung ist erschwert, was zusätzlich zu Missverständnissen führen kann und noch dazu kommen kulturelle Konzepte z.B. von Kommunikation, Teamarbeit, Erwartung an Führung und Konfliktstilen. All das kann verunsichern, mich fremd fühlen lassen und frustrieren.
Was kann passieren, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturen aufeinandertreffen und jeder die Arbeitssituation durch seine eigene kulturelle Brille betrachtet?
Kultur ist zu verstehen als ein Fundus gemeinsamer Regeln einer Gemeinschaft, die man im Laufe seines Lebens gelernt hat und die im Alltag unbewusst und unhinterfragt angewendet werden. Was sind zum Beispiel die ungeschriebenen Gesetze in Ihrer Abteilung?
Solche Regeln geben den Teammitgliedern auf Station Orientierung, wie sie sich verhalten sollen. Im internationalen Kontext können diese aber sehr verschieden sein.
Praktisches Beispiel:
Wie selbstständig ich arbeite oder inwieweit ich auf Handlungsanweisungen warte kann unter Umständen kulturell bedingt sein.
Erkenne ich Führung an oder nicht? Stelle ich Rückfragen oder nicht? Kommuniziere ich klar und deutlich oder indirekt?
Im Arbeitsalltag wird die Art der Kommunikation nicht der Kultur, sondern der Person zugeschrieben. Jemand ist dann zum Beispiel unzuverlässig, unselbstständig, inkompetent oder unehrlich. Das befeuert Teamkonflikte.
Was ist das Besonders an diesem Seminar?
Dass Kommunikation und interkulturelle Kommunikation zusammen betrachtet werden. Grundsätzlich kommunizieren immer Menschen miteinander.
Bei dem hohen Anteil an migrierten Fachkräften sollte das eine nicht mehr ohne das andere gedacht werden.
Was ist das Ziel des Seminars?
Dass Konflikte vermieden werden, die Arbeit leichter wird und letztendlich die Patientenversorgung besser wird.