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Berufswelt Ärztin, Arzt

MACHEN KÖNNEN: Daseinsvorsorge und herausragende Medizin unter einem Dach - in vielen Facetten, für alle Menschen

Hand aufs Herz

Prof. Stefan Sack ist Chefarzt für Kardiologie und Pneumologie an der München Klinik Neuperlach.

In seinem Bereich geht es oft ans Eingemachte. Da ist es gut, wenn Arzt und Patient ehrlich zueinander sein können. Aber nicht nur Ehrlichkeit ist für Prof. Sack wichtig. Das Thema Prävention nimmt bei ihm einen hohen Stellenwert ein. Geprägt haben ihn persönliche Erfahrungen, die z.B. dazu führten, ein Herz Handy zu erfinden. Denn noch immer sterben zu viele Menschen an plötzlichem Herz-Kreislauf-Stillstand.

Früher haben Leute zum Schwur die Hand aufs Herz gelegt. Was hat das Herz mit Ehrlichkeit zu tun?

Es gibt einen Bezug zwischen Ehrlichkeit und dem Herzen als Kernstück des Lebens. Das Herz reagiert auf Unehrlichkeit, indem sich zumindest beim ungeübten Lügner der Herzschlag erhöht. Auch wenn man zu dem Organ selbst unehrlich ist und Unregelmäßigkeiten ignoriert, kann das ernste Folgen haben. Wenn es um das Herz geht, sollte jeder ehrlich zu sich selbst sein.

Wie wichtig ist Ehrlichkeit zwischen Arzt und Patient?

Sie ist grundlegend für den Arztberuf, denn Ehrlichkeit ist die Voraussetzung für Vertrauen. Und Vertrauen wiederum die Grundlage für eine gute und erfolgreiche Behandlung. Die Vertrauensbeziehung zwischen Arzt und Patient ist durch die Schweigepflicht sogar gesetzlich geschützt.

Welchen Stellenwert hat das Arzt-Patienten-Gespräch bei der Vertrauensbildung?

Das Gespräch ist ganz zentral. Vertrauen braucht Zeit, und die versuche ich mir auch zu nehmen. Ich will den Menschen und seine Lebensumstände so gut wie möglich verstehen und ihn da abholen, wo er steht. Wenn ich klar und deutlich kommuniziere, spare ich mir viel Ärger – gerade auch bei jüngeren Patienten.

Warum? Sind jüngere Patienten misstrauischer?

Ja, jüngere Patienten recherchieren im Internet und bilden sich eigene Meinungen. Es ist meine Aufgabe, diese Informationsvielfalt in die richtigen Bahnen zu lenken. Oft ist ein Befund nicht nur schwarz und weiß, sondern hat viele Graustufen. Dennoch holen viele Patienten Zweit- und Drittmeinungen ein.

Empfinden Sie das als eine Art Misstrauenserklärung?

Man muss an sich arbeiten, um sich nicht in seiner Eitelkeit gekränkt zu fühlen. Ich finde es gut, wenn der Patient noch mal kommt und mir die anderen Meinungen unterbreitet. Dann kann ich darüber sprechen – auch mit den Kollegen, die anderer Meinung sind. Oft können wir so eine gemeinsame Linie finden.

Der Patient sollte seinem Arzt vertrauen, aber sollte der Arzt auch dem Patienten vertrauen?

Ja, auf jeden Fall. Oft kommen Patienten nach Operationen mit Beschwerden, die es nach meinem  Ermessen gar nicht geben dürfte. Ein Zucken in den Ohren, das sie auf den neuen Herzschrittmacher zurückführen beispielsweise. Das klingt absurd, aber wir müssen das ernst nehmen. Es könnte ja zum Beispiel eine Medikamentenunverträglichkeit vorliegen. Überheblich ist es zu glauben, dass alles, was ich mache und annehme, richtig ist. Letzten Endes gilt: Der Patient hat recht bis zum Beweis des Gegenteils.

Häufig verschweigen Patienten ja schädliche Angewohnheiten.

Es gibt diesen alten Spruch unter Ärzten, dass man bei Alkohol oder Nikotin die Angaben des Patienten verdoppeln muss, um auf die wahre Dosis zu kommen. Trotzdem hebe ich nie den Finger. Mit Schuldzuweisungen kommt man nicht weit. Viele Patienten haben Angst, dass ihr Alkoholismus offiziell in die Diagnose eingeht. Und es gibt Leute, die wollen über bestimmte Dinge nicht sprechen. Das muss ich akzeptieren.

Als Arzt müssen Sie Patienten oft eine schlechte Nachricht überbringen. Fällt Ihnen das schwer?

Vor 20 Jahren noch haben sich Ärzte eher etwas zurückgehalten, heute kommunizieren wir Befunde wesentlich offener. Wenn Angehörige ihren alten Vater nicht mehr mit einer schwerwiegenden Diagnose belasten wollen, kann ich damit leben. Ich muss dem Patienten nicht die Wahrheit ins Gesicht schleudern, wenn es ohnehin keine Chance auf Heilung gibt. Aber jüngeren Leuten muss ich ganz deutlich machen, was ihre Diagnose bedeutet. Das ist nicht leicht, schließlich ändert sich für diese Menschen oft das ganze Leben. Ich erlebe die unterschiedlichsten Reaktionen von Traurigkeit bis Frontalangriff. Im Umgang mit menschlichem Leid hilft mir meine Erfahrung.

Wie wichtig ist es für einen Arzt, auch ehrlich zu sich selbst zu sein?

Man muss seine Grenzen kennen und sich selbst hinterfragen. Wir machen hier auch kathetergestützte Aortenklappenimplantation, die ich als Erster in Deutschland durchgeführt habe. Das ist ein Eingriff im extremen Grenzbereich. Bildlich gesprochen lehnt sich der Arzt bei dieser OP bis zur Hüfte aus dem Fenster. Das ist ein schmaler Grat. Wir dürfen den Respekt nie verlieren, auch das gehört zur Ehrlichkeit.

Persönliche Initiative: "Einfach drücken"

Noch immer sterben zu viele Menschen an plötzlichem Herz-Kreislauf-Stillstand

Nur 10-20 Prozent der Betroffenen überleben. Laut Prof. Sack kommt es aber auch bei den geretteten viel zu oft vor, dass die Hirnfunktion im Nachhinein stark eingeschränkt ist. Der Grund: Bei plötzlichem Herzstillstand muss innerhalb von 5 Minuten mit der Herzmassage begonnen werden. Dabei kann man nichts falsch zu machen, aber viel zu oft trauen sich Laien nicht, wenn der Erste-Hilfe-Kurs schon länger zurückliegt.

Einfach drücken!

Niemand kann etwas falsch machen, außer nichts zu tun.

Deshalb: einfach drücken bis der Notarzt da ist.

Wichtig: einem Bewusstlosen "schadet" eine Herzdruckmassage keinesfalls

Merken: Prüfen - Notarzt rufen - drücken

Geprägt haben ihn persönliche Erfahrungen als ehemals aktiver Profisportler (Nationalmannschaft Rudern). Ein Teamkollege und ehemaliger Ruder-Weltmeister ist an den Folgen des plötzlichen Herzstillstands verstorben, weil im Umfeld niemand Rea-Maßnahmen eingeleitet hat. In der Folge hat er Reanimationstrainings für die Ruderjugend eingeführt und geleitet und sich im Bereich Vorsorge für Profisportler engagiert.

Lebensretter im Notfall: Herz Handy®

Ein Notfall kann überall auftreten. Er selbst war einmal an Bord eines Flugzeuges, als ein Passagier einen Herzstillstand erlitt. Nach 30 Minuten sehr anstrengender Herzdruckmassage bis zur Landung konnte der Passagier dann in der Klinik in Mannheim gerettet werden.

Zur Prävention hat Prof. Sack beispielsweise auch bereits in den 90ern das sogenannte „Herz Handy“ erfunden und bis heute ein Patent darauf. Das Handy kann von Menschen mit erhöhtem Risiko (bspw. Vorerkrankung oder bei einer außergewöhnlichen sportlichen Belastung, wie einer anstrengenden Bergbesteigung) mitgeführt werden und schenkt diesen Sicherheit. Es zeichnet automatisch ein EKG auf, informiert bei Auffälligkeiten den behandelnden Kardiologen und kann im akuten Notfall einen Notruf mit Standort auslösen.

Dossier: Ärztinnen und Ärzte in der München Klinik

München Klinik - Machen können für Ärztinnen und Ärzte