„Bei uns liegen Menschen in ihren wahrscheinlich schlimmsten Zeiten. Sie wurden aus ihrem Alltag gerissen aufgrund einer schwerwiegenden Diagnose, einer umfangreichen Operation oder eines Unfalles. Sie haben Angst vor Schmerzen und fühlen sich hilflos. Für den einzelnen Patienten ist es eine Ausnahmesituation, für mich ist es aber Alltag. Meine Aufgabe als Pflegekraft auf der operativen Intensivstation in Bogenhausen besteht darin, nicht nur den Patienten, sondern den ganzen Menschen mit seiner Erkrankung, mit seinen Bedürfnissen und Ängsten zu sehen. Ich versorge ihn so, wie ich selbst einmal versorgt werden möchte. Jede und jeder von uns kann irgendwann in eine solche Situation kommen.
Es ist immer wieder schön zu sehen, wenn schwerstkranke Patienten wieder fitter werden und überleben. Das ganze Team denkt noch oft an einen Polytrauma-Verkehrsunfall. Der junge Mann ist auf dem Motorrad mit einem SUV zusammengestoßen. Lange wussten wir nicht, ob er überlebt. Seither kommt er jedes Jahr an seinem Unfalltag mit seiner Familie zu uns, um seinen zweiten Geburtstag zu feiern. Jedes Mal steht da dieser Mann und wir haben die Verletzungsmuster vor Augen, das Gefühl, dass es ums Überleben ging und er es überlebt hat.
Wir bewegen uns oft zwischen Leben und Tod. Heute betreue ich zwei Patienten in meinem Dienst. In einem Zimmer erwartet mich eine lebensbedrohliche Situation. Im nächsten Moment stehe ich bei einem anderen Patienten, der mich mit einem Lächeln begrüßt, da es ihm endlich besser geht. Ich schwanke zwischen Lachen und höchster Konzentration. Denn plötzlich kann sich das drehen. Darauf müssen wir jeden Tag vorbereitet sein. Du kommst zur Schicht und weißt nicht, was heute passiert. Deshalb arbeite ich so gerne auf der Intensivstation. Ich liebe die Komplexität, das Medizinische, von HF-Filter bis ECMO, genauso wie das Menschliche. Muss ein Patient beatmet werden, kümmere ich mich nicht einfach um die Technik. Ich setze mich zu ihm, begleite und gebe Sicherheit. Ich bin da, auch für die Angehörigen, die oft verzweifelt sind.
„Hey Hana, ist dir noch was aufgefallen? Können wir die Therapie verbessern?“, höre ich regelmäßig. Denn auf der Intensivstation arbeiten wir alle Hand in Hand, Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte, Logopädie, Physio- und Ergotherapie. 14 Fachabteilungen und entsprechend unterschiedliche Krankheitsbilder haben wir hier. Das ist Vielfalt pur. Dafür braucht es ein starkes Team – mit einer starken Stationsleitung, die wir mit Barbara haben. Seit 17 Jahren arbeitet sie auf Intensiv. Sie schafft individuelle Freiräume und hält zugleich das Team zusammen.
Wieso Pflege mein Traumjob ist? Kein Tag ist gleich. Und alles ist möglich! Von Krankenhaus bis Schiff - ich kann überall arbeiten und immer den nächsten Schritt machen. Ich habe als KPH mal angefangen und habe noch so viel vor mir. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann, dass Verwaltungstätigkeiten von uns Pflegenden ferngehalten werden. Ich will, wir alle wollen Zeit für die Patienten. Zeit für Fort- und Weiterbildung. Zeit für Austausch. Das ist ein so geiler Job – und wäre mit mehr Zeit noch attraktiver.“