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7 Tage Bereitschaft als Ehrenamt

7 Tage Bereitschaft als Ehrenamt

Dr. Florian Fuchsgruber koordiniert als Leitender Notarzt Großschadenslagen in München.

„Na, darfst du deinen Garten wieder nicht verlassen?“ So scherzen Nachbarn öfter mit Dr. Florian Fuchsgruber. Dann ist er mal wieder in Einsatzbereitschaft. Wenn es in dieser Zeit im Großraum München ein Großschadensereignis gibt, koordiniert er als Leitender Notarzt den medizinischen Rettungseinsatz. Ein Ehrenamt, für das er vom Bürgermeister geehrt wurde. Im Gespräch erklärt Dr. Fuchsgruber was sein Amt ausmacht - und wieso er Schlittenberge meidet.

„Jeder Tag, an dem kein Anruf kommt, ist ein guter Tag für München.“

Ist irgendwo in München ein Bus verunglückt, ein Großbrand ausgebrochen oder noch Schlimmeres passiert, zählt jede Minute. „Mehr als zehn Schwerverletzte – ab dieser Größenordnung werden wir gerufen“, sagt Dr. Fuchsgruber. Etwa sieben Wochen im Jahr ist er „auf Abruf“ - in seinem Garten genauso wie im OP. Einsätze sind wichtig, um im Training zu bleiben. Trotzdem weiß Dr. Fuchsgruber, dass jeder Tag, an dem er nicht gerufen wird, ein guter Tag ist.

Geschieht ein Unglück außerhalb seiner Bereitschaft, denkt er an den Leitenden Notarzt, der jetzt die Verantwortung trägt. Denn es ist viel Verantwortung: Wie kommt man zu den Verletzten, und kann man diese ohne Risiko für die Einsatzkräfte bergen? Muss ich Hubschrauber anfordern, um Schwerverletzte zu retten? Brauchen wir Kinderintensivbetten, und wo gibt es freie? Müssen Schwerbrandverletzte in Spezialzentren gebracht werden? Im Einsatz können sich auch ethische Fragen stellen, wenn noch nicht genügend Retter für die Zahl der Verletzten bereitstehen oder bei einem Terrorangriff die Rettung der Verletzten für die Retter zu riskant ist.

5Jahre

Die Dienstzeit eines Leitenden Notarztes dauert fünf Jahre. Bewerben kann sich jeder erfahrene Notarzt.

18Kolleg*innen

Insgesamt 18 Leitende Notärztinnen und Notärzte sind in München und im Landkreis tätig.

1Ehrenamt

Viele Menschen, die Verletzte retten und notfallmedizinisch versorgen arbeiten ehrenamtlich.

„Man muss einfach für die Notfallmedizin brennen und Menschen helfen wollen.“

Als erfahrener Notarzt kann man sich für die Position als Leitender Notarzt bewerben. Der Lohn? „Das ist ein Ehrenamt“, sagt Dr. Fuchsgruber. Auch die Menschen, die mit ihm zusammen die Verletzten retten und notfallmedizinisch versorgen, sind oft Ehrenamtliche: die Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehr, die Sanitätshelfer. Viele machen das in ihrer Freizeit. Das macht das Besondere der Arbeit aus – während Dr. Fuchsgruber in Bogenhausen in einem eingespielten Klinikteam arbeitet, ist sein Team am Einsatzort fast immer „neu“: u.a. Polizist*innen, Feuerwehrleute, Kolleg*innen aus den Rettungsdiensten und der Leitstelle, mit denen er oft erstmals zusammenarbeitet.

Wenn die Lage „unübersichtlich“ ist,
verheißt das nichts Gutes.

Als Leitender Notarzt zu arbeiten ist eine anspruchsvolle Managementaufgabe, auf die man sich mit Spezialschulungen vorbereitet. Was man da lernt? „Oft ist die Lage unübersichtlich, und man weiß trotz Meldung nicht, was einen am Einsatzort wirklich erwartet“, sagt Dr. Fuchsgruber. Über seine Einsätze spricht er aus Gründen der Vertraulichkeit nicht. Er berichtet aber, was seine Ausbilder immer warnend erzählen. So wurde der Berliner Leitstelle zuerst ein „Verkehrsunfall mit Lkw“ gemeldet, als ein Terrorist in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz fuhr. Deshalb gehört es zu den ersten Aufgaben von Leitenden Notärzt*innen wie Dr. Fuchsgruber, selbst die Lage zu sichten und sich ein Bild zu verschaffen. Er koordiniert die Einsatzkräfte, während die anderen reanimieren, und trägt die Verantwortung für den Einsatz.

„Man opfert schon viel“,

weiß Dr. Fuchsgruber. Er ist seiner Familie dankbar, die das alles mitträgt. Deshalb war es auch sein Sohn, der die Ehrennadel entgegennahm, die der Aschheimer Bürgermeister überreicht hat.

Die Bilder vom Einsatz nehmen alle Beteiligten mit nach Hause.

In dieser Woche ist Dr. Fuchsgruber wieder einmal auf Abruf – beim Gespräch liegen die neonfarbene Einsatzjacke und das Einsatzhandy immer griffbereit, die schweren Schuhe liegen im Kofferraum. Es ist schon ungewöhnlich, wenn der Anästhesiologe plötzlich selbst aus dem OP abgerufen werden kann. „Ich bin sehr dankbar, dass unsere Abteilung mein Engagement so mitträgt und in solchen Fällen einspringt“, sagt Dr. Fuchsgruber und bedankt sich bei Chefarzt Prof. Friederich sowie der gesamten Gruppe der Oberärztinnen und Oberärzte. Einen Leitenden Notarzt im Team zu haben, ist etwas Besonderes und Ausdruck einer besonderen Expertise einer Klinik. Und Dr. Fuchsgruber kann auch etwas zurückgeben. Entscheidungen und Ereignisse zu managen, lernt er bei diesen „Großschadenslagen“. Und als erfahrener Notarzt ist er immer wieder ein Gesprächspartner, mit dem andere, jüngere Kolleg*innen, die auch Notarzt fahren, ihre Einsätze nachbesprechen und sich beraten lassen.

Schlitten fahren? Eher nicht!

Seinen Garten darf Dr. Fuchsgruber während der Einsatzbereitschaft natürlich verlassen, aber den Landkreis eben nicht. „Und so etwas wie Schlitten fahren mit meinem Sohn wäre beispielsweise schwierig“, erklärt Dr. Fuchsgruber. „Ich kann ja, wenn der entscheidende Anruf kommt, nicht erst gemütlich den Schlittenberg herunterrutschen und dann erst losfahren.“

Dr. Fuchsgruber nimmt die Einsatzjacke unter den Arm und läuft zurück in die Klinik – das Einsatzhandy hält er in der Hand. Immer in der Hoffnung, dass es ruhig bleibt in München.

Dr. Florian Fuchsgruber
Dr. Florian Fuchsgruber

Dr. Florian Fuchsgruber ist Oberarzt in unserer Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin und Schmerztherapie in Bogenhausen.

Dossier: Ärztinnen und Ärzte in der München Klinik

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