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Die Gesundheits- und Krankenpflegerin Yvonne Jegodtka leitet seit 20 Jahren die Station für Hämatologie und Onkologie in der München Klinik Schwabing. Wir haben sie gefragt, wie sich der Umgang zwischen Pflegekräften, Patienten und Ärzten mit der Zeit geändert hat. Ein Gespräch über Respekt.
„Für mich bedeutet Respekt, einer anderen Person auf Augenhöhe zu begegnen. Das ist für mich im Privaten, aber vor allem im Beruf sehr wichtig – und beginnt schon bei der Anrede. Wenn mich jemand mit „Schwester“ anspricht, stelle ich mich immer demonstrativ mit meinem Familiennamen vor. Ältere Patienten korrigiere ich nicht, sie sind den Begriff „Krankenschwester“ noch gewöhnt, wissen es oft nicht besser. Aber leider benutzen auch jüngere Personen oder Ärzte diesen falschen Ausdruck immer noch ab und zu. Die korrigiere ich dann schon.“
„Immer wieder. Manche Patienten betrachten das Krankenhaus als Hotel und uns Pflegekräfte als Hotelpersonal. Da wird erwartet, dass wir sie bedienen und alles Mögliche besorgen – bis hin zu Rührei und persönlichen Waren.“
„Nein. Respektloses Verhalten kommt bei beiden Geschlechtern vor. Manche kommandieren uns herum, andere glauben, dass alles, was wir tun, selbstverständlich ist, weil wir dafür bezahlt werden. Ich weise dann die Patientin oder den Patienten schon in die Schranken und erkläre, dass wir uns nicht in einem Hotel befinden, sondern dass es hier um eine gute medizinische Versorgung geht – und zwar für jeden. Bei uns wird jeder gleich behandelt.“
„Logisch, ich werde einem Schwerkranken sicher nicht die Leviten lesen, das wäre unangemessen.“
„Das kommt aufs Auftreten und auf die Statur an. Ein Pfleger, der sehr groß und maskulin ist, wird meist respektvoller behandelt als ein Kollege mit einer eher zierlichen Figur. Der wird, wie wir Frauen auch, mal nicht so nett angegangen. Aber, das ist mir wichtig: Wir gehen sehr kollegial miteinander um – Männer und Frauen gleichermaßen. Überhaupt sind meine 18 Mitarbeiter und das Ärzteteam echt klasse, nicht nur in dieser Hinsicht.“
„Logisch, das ist menschlich. Wenn ich das mitbekomme, nehme ich den Kollegen oder die Kollegin zur Seite und wir klären das in Ruhe.“
„Ja. Früher waren die Patienten dankbarer und haben sich gefreut, wenn sie nach erfolgreicher Behandlung entlassen wurden. Heute gehen manche teilweise, ohne sich zu verabschieden. Auch das ist ein Zeichen von Respektlosigkeit. Das ist aber nichts Krankenhausspezifisches, sondern wohl eine Folge des Verlusts der Umgangsformen im Allgemeinen. In der U-Bahn macht ja heute auch kaum noch einer der alten Dame Platz. Leider.“
„Wir sind schon auf Augenhöhe, aber auf der Visite rutscht manchen dann doch der Satz „Schwester XY bringt Ihnen das dann gleich“ raus. Da weise ich später vor der Tür, nicht vor den Augen des Patienten, schon mal auf die Formulierung hin. Auch wenn wir uns alle duzen, das muss schon klar sein.“
„Das verbessert sich tatsächlich, gerade jetzt, wo in den Medien so viel berichtet wird. Noch vor ein paar Jahren hielt sich das Klischee, dass – Achtung! – „Krankenschwestern“ nur das Essen bringen und den Rest der Zeit Kaffee trinkend und plaudernd im Stationszimmer sitzen. Da setzt sich, das spüre ich auch zunehmend im Bekanntenkreis, die realistische Sichtweise durch, dass wir Pflegekräfte hart arbeiten – ohne dabei reich zu werden. Ich höre immer öfter ein „Toll, was du beruflich machst“ als ein „Warum tust du dir das an?“. Da ist aber noch Luft nach oben: Die Gesellschaft muss noch klarer erkennen, wie hochprofessionell unser Beruf ist, wie viele Aus- und auch Fortbildungen jede einzelne Pflegekraft absolviert hat.“
„Ich habe als Pflegekraft mit Mitte 20 die Leitung eines Teams von 22 Kollegen übernommen. Zuvor habe ich zwei mehrjährige Weiterbildungen absolviert. Ich bin Pflegefachkraft für Onkologie und Hämatologie, wie alle in meinem Team.“
„Die Pflegekraft so behandeln wie sie selbst behandelt werden wollen. Eigentlich ist ein respektvoller Umgang miteinander doch gar nicht so schwer.“