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Aromapflege in der Onkologie

Fachartikel im Rahmen der Weiterbildung "Pflege in der Onkologie"

Ätherische Öle in der Onkologie

Aromapflege: Fachartikel einer Kursabsolventin im Rahmen der Weiterbildung ‚Pflege in der Onkologie‘.

Das Weiterbildungsangebot der München Klinik soll fundiertes und spezifisches Fachwissen vermitteln, aber auch Kompetenzen fördern, die darüber hinausgehen. Dazu zählt das Projekt Fachartikel, das wissenschaftliches Arbeiten fördert. In der Weiterbildung ‚Pflege in der Onkologie‘ ist so der interessante Beitrag zu ätherischen Ölen in der Onkologie entstanden. Die Autorin und Kinderkrankenschwester Sigrid Strohmaier gibt darin einen fundierten Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten, aber auch Gefahren der Aromapflege.

Ätherische Öle in der Onkologie

Ein Benefit für Patientinnen und Patienten oder auch eine Gefahr?

Sind Patientinnen und Patienten für Düfte ätherischer Öle empfänglich, bieten sie eine zusätzliche Möglichkeit, die Patientinnen und Patienten zu unterstützen und positiv zu beeinflussen. Durch das gesteigerte Wohlbefinden kann die Lebensqualität erhöht werden. In der Onkologie empfiehlt es sich, nur Öle zu verwenden, deren Wirkung fachspezifisch belegt und getestet sind. Dies sollte gleichzeitig ein Anreiz sein, Studien diesbezüglich zu fördern. Wichtig ist bei der Umsetzung, dass neben der Fachkompetenz auch die rechtlichen Aspekte beachtet werden und alle Berufsgruppen mit einbezogen sind.

Sigrid Strohmaier

Fachkinderkranken-schwester für Onkologie am Klinikum der LMU München

Aromapflege

In vielen Bereichen der Pflege werden ätherische Öle eingesetzt. Ob als Waschzusatz, zur Raumbeduftung oder im Massageöl, die Möglichkeiten der Anwendung sind zahlreich. Patientinnen und Patienten in der Onkologie müssen eine lange, teils lebenslange, Therapie durchlaufen und sind auch psychisch einer starken Stressbelastung ausgesetzt. Können Aromaöle die Nebenwirkungen und die psychische Belastung verringern? Damit könnten ätherische Öle auch zu einer Zunahme der Akzeptanz der medizinischen Therapie beitragen. Oder stellen die Öle, durch Allergien und Interaktionen mit zahlreichen Medikamenten, auch eine Gefahr für die Patientinnen und Patienten dar?

Aromapflege zur Linderung von Nebenwirkungen

Sowohl die operative, die internistische als auch die radiologische Tumortherapie, verursachen häufig teils stark Lebensqualität mindernde Nebenwirkungen. Die moderne Medizin versucht diese durch präzisere Operations- und Bestrahlungstechniken und durch supportive Medikamente und Maßnahmen zu minimieren. Unterstützend können jedoch auch komplementäre Maßnahmen wirken, um das Wohlbefinden zu steigern. So auch die Aromatherapie.

Nausea und Emesis

Durch den Einsatz von modernen Antiemetika hat diese Nebenwirkung zwar deutlich abgenommen, jedoch begleiten weiterhin viele Patientinnen und Patienten Übelkeit, Erbrechen und Geschmacksveränderungen. Hier können vor allem Inhalierstifte, Riechsalze und Aromaölroller zu Einsatz kommen, da sie immer schnell verfügbar sind. Geeignete Öle hierfür sind Zitrusöle und Pfefferminze. Sie können die Nausea und Emesis von Patientinnen und Patienten unter Chemotherapie in Stärke und auch in der Häufigkeit des Auftretens verringern. Ebenso gibt es sehr gute Erfahrungen mit Grapefruit und Zitrone, um die Geruchsbelästigung durch das Konservierungsmittel der Stammzellen, zu mindern. (Steflitsch 2013); (Zimmermann 2018)

Riechsalz
2 TL Salz oder Zucker
2 Tropfen Zitronen oder Limette
1 Tropfen Pfefferminze
(Zimmermann und Herber 2020)

Mundschleimhautentzündungen

Sehr häufig kommt es im Rahmen einer Chemotherapie zu einer Mukositis, die durch Schmerzen und Problemen bei der Nahrungsaufnahme eine enorme Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellt.

Neben den konventionellen Pflegemaßnahmen und der medikamentösen Therapie, stellt auch hier die Aromapflege eine Möglichkeit dar. Mundspüllösungen mit ätherischen Ölen können Zahnfleischentzündungen und Beläge minimieren. Es werden vor allem Minze, Kamille, Salbei und Kardamom dafür eingesetzt, welche auch einen angenehm erfrischenden Geschmack hinterlassen. Sinnvoll ist der Einsatz auch vorbeugend, im Rahmen einer guten Mundhygiene. (Zimmermann 2018)

Sind bereits Aphten und Ulcera entstanden, hilft Sanddornfruchtfleischöl. Das Öl hat antibakterielle, granulationsfördernde Eigenschaften und lindert außerdem die Schmerzen. Man kann ein paar Tropfen davon mit etwas Wasser im Mund einwirken lassen und dann innerlich zu sich nehmen. (Blaser 2008)

Aromaöle zur Hautpflege unter Therapie

Die Haut benötigt unter den verschiedenen Therapien der Onkologie eine sensible Pflege. Einerseits müssen Wunden nach Operationen verheilen, andererseits muss die Haut unter Chemo- und Strahlentherapie gut gepflegt werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Narben können mit fetten - und heilungsfördernden ätherischen Ölen gepflegt werden, so werden sie schön und bleiben elastisch. Zum Einsatz kommen hier vor allem Johanniskrautöl, Karottensamenöl, Lavendel und Rosengeranie. (Zimmermann und Herber 2020)

Die Hautpflege unter Bestrahlung muss in jedem Fall mit dem behandelnden fachärztlichen Personal abgesprochen werden. Generell gilt, dass 2 Stunden vor und nach Behandlung nicht gecremt werden darf. Gute Erfahrungen gibt es zum Beispiel mit Niaouli, welches zur Vorbehandlung der Haut vor einem Bestrahlungszyklus angewendet werden kann. Dies kann zu einer Verringerung der Strahlendermatitis und der Schmerzen beitragen. Ebenso positiv wirkt sich Sanddornfruchtfleischöl, Aloe Vera, Lavendel und Johanniskrautmazerat auf die beanspruchte Haut aus. Eine weitere unangenehme Nebenwirkung der Chemotherapie ist oft Juckreiz. Linderung bringen Pfefferminz- und Rosenhydrolat, sowie Balsame unter anderem mit Weihrauch, Lavendel und Pfefferminzöl. (Zimmermann 2018)

Massage mit Ölmischungen zur Minderung von Schmerzen und Lymphstau

Krebspatientinnen und Patienten leiden oft unter tumor- oder therapiebedingten Schmerzen und Lymphstau. Die Fachliteratur bescheinigt der Massage mit ätherischen Ölen keinen zusätzlichen Nutzen zu einer herkömmlichen Massage. (Kroner 2017) Allerdings werden in der Praxis häufig Massagen mit Ölmischungen zusätzlich zur medikamentösen Schmerzbehandlung eingesetzt. Bei myofazialen Schmerzen und Neuropathien werden durchblutungsfördernde Öle mit entspannenden und angstlösenden Ölen kombiniert. Möglicherweise ist das gesteigerte Wohlbefinden unter anderem auch die Ursache für die schmerzlindernde Wirkung. (Steflitsch 2013)

Kommt es durch Wasseransammlungen in den Extremitäten zu Schmerzen, können, nach sorgfältiger Abklärung der Ursache durch das behandelnde fachärztliche Personal, sanfte Streichungen mit ätherischen Ölen Abhilfe schaffen. Z.B. können Atlaszeder, Wacholder, Zypresse und Lorbeer helfen, das Wasser aus dem Gewebe zu bringen. (Zimmermann und Herber 2020)

Geruchsneutralisierung bei ulzerierenden Tumoren

Ulzerierende Tumore stellen eine enorme Geruchsbelästigung für Patientinnen und Patienten und ihr Umfeld dar. Hier nutzt man vor allem die Raumbeduftung und Sprays für Wäsche und Verband. Dafür eignen sich sehr viele Düfte. Es werden Öle aus Nadelhölzern, Harzen und Zitrusfrüchten angewendet. Entscheidend ist der Geschmack der Patientinnen und Patienten. (Steflitsch 2013)

Die Geruchsunterbindung kann die Lebensqualität enorm verbessern und das Wohlbefinden steigern.  Vor allem in der palliativen Situation werden diese Maßnahmen mit Erfolg eingesetzt. (Zimmermann 2018)

Reduktion von psychischer Belastung durch eine Krebserkrankung

Gerüche beeinflussen unsere Stimmung, sie werden durch zahlreiche Riechzellen in unserer Nase aufgenommen und leiten die Information sekundenschnell an unser Gehirn weiter. Ätherische Öle werden nicht nur über die Nase aufgenommen, sondern auch über die Haut. Unsere Ängste und Stressempfinden können dadurch sehr gut beeinflusst werden. (Key 2010)

Die Aromatherapie kann dafür empfängliche Patientinnen und Patienten, sowohl im Diagnoseschock als auch bei Ängsten und Ungewissheit, stabilisieren. Viele Öle werden auch erfolgreich bei Schlafstörungen und der quälenden Fatigue angewendet. Oft kommt Lavendel zum Einsatz, zu dem es auch die meisten Studien gibt. (Zimmermann 2018)

Gefahren bei der Anwendung von ätherischen Ölen

Qualität und Eigenschaft

Verwendet werden nur 100% naturreine ätherische Öl in Bioqualität und gesicherter Herkunft. Synthetisch hergestellte oder naturidentische Öle finden keinen Gebrauch. Es ist darauf zu achten, dass das Öl wenig Kontakt zu Sauerstoff hat und bei Raumtemperatur dunkel gelagert wird. Die verschiedenen Haltbarkeitsdaten sind zwingend einzuhalten. Bis auf wenige Ausnahmen werden die Pflanzenöle nicht pur, sondern in Verdünnungen zwischen 0,5% und 5% eingesetzt. (Ulrich und Landschütz 2009)
 

Allergien und Hautreaktionen

Generell sind Hautreizungen von Allergien zu unterscheiden. Bestimmte Öle sind sehr hautreizend und nur in hoher Verdünnung einzusetzen. Dazu gehört zum Beispiel Zimt, Thymian und Oregano Öl. Allergische Reaktionen sind vor allem bei Menschen mit hohem allergischem Potenzial nicht ausgeschlossen. Ein Allergietest sollte immer vor Anwendung erfolgen. Viele Reaktionen entstehen allerdings auch durch oxidierte Produkte, synthetische Beimischungen oder Pestizide, weshalb die Qualität des Öles so wichtig ist. Beachtet werden muss die photosensibilisierende Eigenschaft vieler Öle, die häufig bei den beliebten Zitrusölen auftritt. (Zimmermann 2018)

Besonderheiten bei Kindern

Ätherische Öle sind für Säuglinge unter 6 Monaten aufgrund ihrer sensiblen und durchlässigen Haut nicht geeignet.

Generell werden bei Kindern nur sehr niedrige Konzentrationen von fachkompetenten Expertinnen und Experten angewendet. Kampferartige oder scharfe Öle, wie Eukalyptus, Menthol, Thymian und viele mehr können Atembeschwerden auslösen. (Ratai 2014)
 

Vorsicht bei Grunderkrankungen

Patientinnen und Patienten mit Asthma sollten nicht mit Kampfer- und Eukalyptusölen eingerieben werden, insbesondere Kinder. Bei sehr sensiblem Epileptiker: innen können bestimmte ätherische Öle Krampfanfälle auslösen. Intensive Anwendung von Rosmarin und Pfefferminze ist kontraindiziert bei bestimmten kardiologischen Erkrankungen.  Melisse oder Litsea sollen nicht bei einem Glaukom angewendet werden. Manchen ätherischen Ölen wird Lebertoxizität nachgesagt, vor allem bei hohen Konzentrationen, längerer Anwendungsdauer oder innerer Anwendung.  Diese Beispiele zeigen, wie wichtig ein sensibler Umgang mit ätherischen Ölen ist. (Zimmermann 2018)

 

Interaktionen mit Medikamenten in der Onkologie

Manche ätherischen Öle können die Aufnahme von bestimmten Medikamenten stören und den Plasmaspiegel erhöhen oder vermindern. Am bekanntesten sind Wechselwirkungen von Johanniskraut und Grapefruit mit Cyclosporin. Dies kann für Patientinnen und Patienten mit Stammzelltransplantation nicht unerheblich sein.  In vitro gibt es Daten über die Steigerung der Resorption von Tamoxifen und 5-Fluorouracil durch spezifische Inhaltsstoffe ätherischer Öle. Wichtig ist auch, dass unter Antihormontherapie bei Prostata- oder Mammakarzinomen die hormonartige Wirkung einiger Öle, wie z.B. Salbei und Mönchspfeffer, bedacht werden muss und diese vermieden werden sollten. Zu betonen ist allerdings, dass Wechselwirkungen vor allem bei innerer oder unsachgemäß hoher Dosierung auftreten. (Zimmermann 2018)

Achtung
Verwendung von ätherischen Ölen in der Onkologie nur äußerlich und in Verdünnung unter 3%.

Rechtliche Grundlagen

Generell ist zwischen Aromatherapie und Aromapflege zu unterscheiden. Bei der Aromapflege werden ätherische Öle stark verdünnt und als Waschzusatz, Massageöl oder Raumbeduftung eingesetzt, um ein positives Befinden der Patientinnen und Patienten zu erzielen. Dies darf von fachkundigen Pflegekräften durchgeführt werden. Im Sinne einer Heilung, darf in Deutschland nur fachärztliches Personal und Heilpraktiker: innen aromatherapeutisch arbeiten. Insofern ist auch die Anwendung auf kranker Haut und Schleimhaut, eine ärztliche Tätigkeit, die aber, nach Anordnung, auf Pflegekräfte delegiert werden kann. Natürlich muss ein Einverständnis der Patientinnen und Patienten vorliegen und die Maßnahmen dokumentiert werden. (Stellhorn 2014)

Weiterbildungsangebot auf einen Blick

Ihre Ansprechpartnerin bei Fragen

Kühne

Frau Susan Kühne

Kursleitung: Pflege in der Onkologie


Tel: (089) 3068 7909
Fax: (089) 3068 7525

E-Mail an Frau Susan Kühne

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