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Tagebücher für Corona-Frühchen

Die Frühchen-Tagebücher

Pflege auf der Frühchenstation heißt in Corona-Zeiten auch Tagebuch schreiben. Wie eine Nabelschnur verbinden die Frühchen-Tagebücher die Corona-Babys mit ihren Eltern, die nicht zu ihnen können.

Eine Frühchen-Geburt ist immer einschneidend und emotional. Können Eltern dann nicht zu ihrem Kind, ist das sehr schwer für alle. Um den Eltern zu helfen, aber auch um für die Kinder später wichtige Momente festzuhalten, schreiben Pflegerinnen der Kinderintensivstation in Harlaching spezielle Frühchen-Tagebücher. Sie schaffen eine wertvolle Verbindung und geben den oft schwer erkrankten Müttern Kraft, gesund zu werden.

„Es kommt durch Corona leider häufig vor, dass Eltern nicht zu ihren Kindern können. Weil sie selbst krank sind, oder sie oder Geschwisterkinder in Quarantäne sind. Das ist sehr schwer und sehr emotional für alle.“

Andrea Killiches, Stationsleitung der Neonatologie Harlaching

Andrea Killiches ist pflegerische Stationsleitung der Kinderintensivstation Harlaching. Sind Eltern und Kind die ersten Tage getrennt, hält sie wichtige Meilensteine und Momente fest.

Neben den rührenden Baby-Tagebüchern, erstellen die Pflegerinnen auch Fotos, Videos und Entwicklungskärtchen, die für Eltern und Kind ein Leben lang wertvoll sein werden.

Die kleine Dimitra musste in der 28. SSW geholt werden, während ihre Mutter unter Narkose beatmet wurde. 62 Babys Covid-positiver Mütter kamen allein 2021 in der München Klinik zur Welt.

Liebe Mami ...

„... heute wurde ich per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. Du bist sehr krank und musst beatmet werden. Die Krankheit heißt Corona ... Auch ich werde beatmet, weil ich zu klein bin, um das allein zu übernehmen. Ich habe viele Kabel am Körper, die mich überwachen. So wie bei dir. ... Ich werde sehr tapfer sein und auf dich warten.“

Auszug aus einem Frühchen-Tagebuch

Wieso schreiben wir Tagebücher?

Drei Monate zu früh musste die kleine Kira (Name geändert) im Feburar 2021 geholt werden, weil ihre Mama schwer an Covid-19 erkrankt ist. Sie lang zuvor schon länger auf der Intensivstation. In der 28. Schwangerschaftswoche verschlechterte sich ihr Zustand plötzlich sehr. Die Ärzte sahen keine andere Möglichkeit, als sie in Bauchlage zu intubieren. Das hießt aber auch: Kira musste per Kaiserschnitt geholt werden. Bei der Geburt wog sie gerade einmal 580 Gramm. Die Mutter selbst bekam von der Geburt nichts mit. Der Vater war zuhause mit dem älteren Bruder in Quarantäne.

„Zum Glück hat sie sich gut entwickelt. Aber wir machten uns viele Gedanken: Die Mutter kriegt ja gar nichts mit. Dabei ist die erste Zeit so wichtig! Jede Berührung, jeder Blick. Auch für den Vater! Da kamen wir auf die Idee, das Tagebuch selbst zu schreiben, das sonst Eltern von Frühchen führen.“
Andrea Killiches

„Wir erzählen vom Tag – aus Sicht des Kindes. „Heute durfte ich das erste Mal alleine atmen.“ „Heute musste ich viel schimpfen“ (schreien). Aber auch lustige Geschichten: „Ich habe festgestellt, wenn ich an meinen Kabeln zupfe, macht es ,Bim Bim‘ und sofort kommt jemand angerannt! Das finde ich lustig!“

Andrea Killiches, Stationsleitung der Neonatologie Harlaching

Was bewirken die Tagebücher?

Wie viele andere „Corona-Babys” verbrachte Kira die ersten Tage ihres Lebens ohne Eltern auf der Frühgeborenen-Intensivstation, der Neonatologie in Harlaching. So haben wir die Geschichte der kleinen Dimitra und ihrer Mutter bereits an anderer Stelle erzählt.

Alle verbindet: Eine Zeit der Trennung, eine Lücke, die es zu füllen gilt. Die Mutter soll nachvollziehen können, was geschehen ist, während sie im Koma lag. Aber auch das Kind soll wissen, wie sein Leben begonnen hat.

„Dann bricht die Mama vielleicht in Tränen aus, weil sie das ja nicht miterlebt hat. Aber das Tagebuch zeigt dem Kind: Ich wurde gut umsorgt!

Wir alle hoffen, dass die Tagebücher die Eltern und die Kinder trösten. Es ist ja nicht nur Long Covid. Es sind die psychischen Belastungen, die irgendwann heilen sollen.“
Andrea Killiches

„Es war Vatertag. Ohne dass wir es dem Papa verraten hatten, wurde die Mutter im Bett zu uns gebracht. Und hier durften die Eltern sich und das Baby endlich in den Arm nehmen. Es war das Emotionalste, was ich je erlebt habe.“

Andrea Killiches

Wie ging es weiter mit Kira?

Kira macht gute Fortschritte, meistert Herausforderungen und erlebt auch mal lustige Dinge. Nach nicht ganz einer Woche darf ihr Vater endlich zu ihr. Dann erfuhr die Kinder-Intensivstation, dass die Mutter extubiert und stabil sei. Sofort zeigten sie ihr das Tagebuch, das sie begeisterte. Zudem durfte sie über das "Corona-Tablet" im Live-Streaming ihr Kind beoabachten und zusehen, wie Kira z.B. gewogen oder gewaschen wurde.

Für die Familienzusammenführung wurde dann das Unmögliche möglich gemacht. Am Vatertag wurde die Mutter noch im Bett liegend zur Frühchenstation gebracht. Ein unvergessliches Erlebnis für alle Beteiligten.

„Wenn es während meiner Schwangerschaft schon die Impfung gegeben hätte, hätte ich diese erste Zeit mit meinem Kind wohl nicht verpasst.“
sagte Kiras Mama

„Das Tagebuch gab mir die Kraft, gesund zu werden!

Imenta Theodoridou

Auch Dimitra hat ein Tagebuch

Die Geschichte der schwer an Covid-19 erkrankten Mutter Imenta Theodoridou hat viele bewegt. 12 Tage war ihr Kind ohne Eltern auf unserer KINT. Als Imenta endlich aus dem Koma erwacht war, konnte auch sie per Videotelefonie ihr Kind sehen. Und auch sie erhielt noch auf der Intensivstation das Frühchen-Tagebuch.

Heute ist die Familie wieder vereint und Imenta ist geimpft. Regelmäßig blättert sie durch das Tagebuch - und ist dankbar für ihr Mutterglück.

„Das Tagebuch war für mich die Motivation, gesund zu werden, mein Kind zu sehen und zu berühren.“
Imenta Theodoridou

Das ganze Tagebuch und mehr zu Covid-19 & Schwangerschaft

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